Rückblick II: „Work Hard Play Hard“

Am 28.10.14 hatte der AKS Köln zum Filmgucken geladen. Auf dem Programm stand:
„Work Hard Play Hard“. Ein Dokumentarfilm von Carmen Losmann (2011). “Work Hard Play Hard“ ist ein Film, der eindrücklich die schöne neue Arbeitswelt der MangerInnen zeigt und dabei gänzlich ohne Kommentare auskommt.

Während zu den Zeiten von Karl Marx die Menschen im Dreck und im Staub unter dem wachenden und strafenden Blicken der Fabrikvorsteher ihre Arbeit leisteten, zeigt dieser Film eine Arbeitswelt zum wohlfühlen. Es stellt sich die Frage: Hat die Kritik von Marx gewirkt?

Die schöne neue Arbeitswelt versucht es den ArbeitnehmerInnen rund um gut gehen zu lassen. Die Arbeitswelten versuchen die Arbeitsbedingungen mit den Bedürfnissen des Menschen in Einklang zu bringen. Das Gespräch mit Kollegen am Fließband wurde früher sanktioniert, heute werden für eine manageriale Elite räumliche Arrangements geschaffen, in denen das Gespräch, das Plaudern mit KollegInnen kultuviert werden soll. Das Schwätzen am Kaffeeautomaten ist nun erwünscht. Es wird davon ausgegangen, dass man hier über private Themen ins Gespräch kommt, dann schnell wieder beim Thema Arbeit landet und durch den kleinen Austausch zwischen KollegInnen frische Ideen und Kreativität entwickelt. Das Wohlfühlklima steigert ganz offensichtlich die Produktivität.

Und doch erweist sich der Arbeitnehmende als der hartnäckigste Brocken. Auch nachdem alle Prozesse und Strukturen revidiert, optimiert und auf Wachstum eingestellt sind bleibt klar, dass die Menschen sehr viel mehr Aufmerksamkeit benötigen als es bisher beachtet wurde – vor allem, wenn man das Gold in den Köpfen (und Herzen) seiner Mitarbeitenden heben möchte. So heißt es im Film von einer Change-Managerin: „Meine Aufgabe ist, dass das auch was Nachhaltiges ist, also den kulturellen Wandel in die DNA jedes Mitarbeiters bei uns, ja, entsprechend zu bepflanzen“.

In einem anschließenden Kommentar zum Film eröffnete Profin. Dr. Carmen Kaminsky eine interessante Unterscheidung, mithilfe derer sie das im Film deutlich gewordene Paradoxon zu verstehen versuchte: Selbsterhaltung und Selbstverwirklichung. Die Besonderheit der schönen neuen Arbeitswelt bestehe darin, so Kaminsky, dass die Momente der Selbsterhaltung und der Selbstverwirklichung, also die „Sphäre der Notwendigkeit“ (Existenzsicherung) und die „Sphäre des Möglichen“ bis zur Unkenntlichkeit miteinander verschmolzen seien. So sei es nicht mehr möglich, zwischen Selbsterhaltung und Selbstverwirklichung zu unterscheiden und es entstehe eine Illusion der Freiheit, die das Getriebensein der ArbeitnehmerInnen verdecke. So lassen Film und Diskussion die Frage offen, wie es sein kann, dass die schöne neue Arbeitswelt, mit ihren durchdesignten Wohlfühlbüros und Sofaecken trotzdem unglückliche, überarbeitete, gehetzte und überlastete Menschen produziert. Warum macht die schöne neue Arbeitswelt nicht glücklich?

Und warum macht die alte Arbeitswelt nicht glücklich?: ‘Work-Watch’ Buch: Die Lastenträger